Taktiles Blindenleitsystem/ Blindenmarkierung

Sehbehinderte oder gar blinde Menschen haben es im alltäglichen Leben alles andere als leicht. Vor allem im öffentlichen Raum sind sie häufig auf Hilfe angewiesen. Allerdings muss diese Unterstützung nicht immer von anderen Menschen kommen. Denn es gibt auch jede Menge sehbehinderte und blinde Menschen, die ihren Alltag komplett selbstständig meistern. Dies ermöglichen in erster Linie die vielen speziellen Einrichtungen wie zum Beispiel Geldautomaten mit Blindenschrift oder Fußgängerampeln mit Signaltönen. Aber auch Blindenmarkierungen auf dem Boden bzw. taktile Blindenleitsystemeerleichtern sehbehinderten und blinden Menschen das Leben ungemein.

Doch was sind taktile Blindenleitsysteme überhaupt? Wo und wie werden sie verwendet? Was gibt es bei der Anbringung von Blindenmarkierungen zu beachten? All diese Fragen beantworten wir Dir in unserem folgenden Ratgeber rund um das Thema „Taktiles Blindenleitsystem/ Blindenmarkierung“.

Was sind taktile Blindenleitsysteme?

Menschen, die blind sind oder an einer Sehbehinderung leiden, benötigen verlässliche Orientierungslinien. Nur so können sie sich sicher und selbstständig bewegen. In sämtlichen öffentlichen Bereichen, wo Raumelemente wie Hausmauern keine Orientierungsmöglichkeit bereithalten, kommen taktile Blindenleitsysteme und Blindenmarkierungen als Bodeninformationen zum Einsatz. Dabei verfügen taktile Blindenleitsysteme über unterschiedliche Oberflächenstrukturen und Formen. So übernehmen die einzelnen Elemente des Leitsystems verschiedene Funktionen. Sie zeigen zum Beispiel die Gehrichtung an oder machen auf eine Richtungsänderung, Abzweigung sowie Gefahrenstelle aufmerksam.

Die Entstehungsgeschichte von Bodenleitsystemen

Tatsächlich wurden die ersten Bodenleitsysteme bereits im Jahr 1965 entwickelt. Zu dieser Zeit entwarf der japanische Ingenieur Seiichi Miyake spezielle Bodenleitsysteme für einen guten Freund. Und nur kurze Zeit später setzten sich diese praktischen Markierungen weltweit durch. In Deutschland wurden die ersten Bodenleitsysteme jedoch erst zu Beginn der 80er Jahre verlegt. Knapp 20 Jahre später erschien dann sogar die erste DIN-Norm für Bodenindikatoren im öffentlichen Raum.

Darauf gilt es bei der Anbringung von Blindenmarkierungen und taktilen Blindenleitsystemen zu achten!

Damit sehbehinderte Menschen sich an den Leitsystemen orientieren können und keiner darüber stolpert, ist es wichtig, dass diese möglichst gut sichtbar und wahrnehmbar aufgeführt werden. Taktile Blindenleitsysteme stehen aus den unterschiedlichsten Materialien zur Verfügung. Sie können zum Beispiel aus Rillenplatten, Fliesen, Kunststoff oder aber klassischen Pflastersteinen bestehen.

Hinweis

Viele Menschen mit normaler Sehkraft wissen nicht, dass die zahlreichen Pflastersteine und Rillenplatten am Boden taktile Blindenleitsysteme sind. Und genau aus diesem Grund werden viele dieser Leitsysteme häufig unbeabsichtigt verstellt oder gar vollständig versperrt. Das wiederum kann für blinde und sehbehinderte Menschen jedoch verheerende Folgen haben. Und genau aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass sämtliche Blindenmarkierungen stehst frei begehbar sind.

Wie funktionieren Blindenleitsysteme überhaupt?

Blinde und sehbehinderte Menschen ertasten Bodenleitsysteme mit Hilfe ihres Langstockes. Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass die Blindenmarkierungen gut zu tasten und von den herkömmlichen Bodenbelägen zu unterscheiden sind. Um die Markierungen und Leitsysteme wahrnehmen zu können, bewegen die betroffenen Fußgänger ihren Blindenlangstock während dem Gehen rhythmisch von rechts nach links am Boden hin und her. Auf diese Weise wird die Struktur der Blindenmarkierung ertastet.

Hierfür stehen einige der unterschiedlichen Blindenmarkierungen:

  • Längs verlaufende Linien helfen dabei die Gehrichtung zu finden und beizubehalten
  • Quer zur Gehrichtung verlaufende Linien deuten auf eine Veränderung hin. Sie signalisieren Vorsicht und kommen zum Beispiel vor einem Straßenübergang zum Einsatz.
  • Ganze Felder mit Rahmen, Noppen oder Linien signalisieren einen wichtigen Punkt wie beispielsweise eine Abzweigung

Worauf ist bei Treppenstufen zu achten?

Treppenstufen bergen ein besonders hohes Unfallrisiko. Exakt aus diesem Grund ist es unglaublich wichtig, neben dem Einsatz von taktilen Blindenleitsystemen auch Gefahrenstellen entsprechend abzusichern. Hierfür eignen sich visuell kontrastierende Blinden- und Bodenmarkierungen besonders gut. Sie dienen der bestmöglichen Sicherheit aller Nutzer und reduzieren effektiv Stolperunfälle an Treppenstufen. Am besten setzt Du auf eine Kombination aus taktilen Blinden-Aufmerksamkeitsfeldern und visuell kontrastierenden Stufenmarkierungen. Gerade für Menschen, die blind oder sehbehindert sind, ist dies von relevanter Bedeutung.

Diese Normen und Standards gelten in Deutschland!

Möchtest Du taktile Blindenleitsysteme anbringen, so gelten je nach Einsatzort und Einsatzzweck unterschiedliche Normen und Standards:

  • Bei Bodenindikatoren im öffentlichen Raum gilt DIN 32984
  • Bei taktilen Bodenindikatoren aus Beton, Ton oder Stein gilt DIN CEN/TS 15209
Hinweis

Wer im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum barrierefrei bauen möchte, muss sich an die DIN 18040-3 halten.

Taktile Blindenleitsysteme sind wie der Name bereits vermuten lässt, für blinde oder sehbehinderte Menschen. Durch die praktischen Leitsystemen können sie sich auch in unbekannten Umgebungen problemlos zurechtfinden. Nur durch die Anbringung von Blindenmarkierungen haben auch Menschen, die blind sind oder an einer Sehbehinderung leiden, eine Chance auf ein eigenständiges Leben. Besonders wichtig sind dabei Blindenmarkierungen, die vor Gefahrenstellen warnen. Denn so ist sichergestellt, dass auch Menschen mit Handicap sicher am öffentlichen Leben teilhaben können.

Unter dem Begriff „taktil“ versteht man einen unserer fünf Sinne, nämlich das Tasten bzw. Fühlen. Die weiteren vier Sinne sind Riechen, Schmecken, Hören und Sehen. Und ist einer dieser Sinne eingeschränkt, bildet sich meist ein anderer Sinn besser aus. So können Menschen mit einer Erblindung oder Sehbehinderung Informationen häufig besser ertasten. Und genau aus diesem Grund sind spezielle Blindenmarkierungen so wichtig.

In Deutschland leiden knapp 1,2 Millionen Menschen unter einer Sehbehinderung. Weltweit sind es laut WHO sogar 246 Millionen Menschen. All diese Menschen haben selbst mit einer Sehhilfe oft nicht mehr als 30 Prozent der sonst üblichen Sehschärfe. Diese Zahlen zeigen auf, wie wichtig taktile Blindenleitsysteme sind.

Selbstverständlich lassen sich taktile Blindenleitsysteme auch nachrüsten. Hierfür eignen sich vor allem Bodenindikatoren in Rippen- und Noppenform. Diese lassen sich meist auch problemlos nachträglich und optisch ansprechend in Gebäude integrieren. In der Regel lassen sich auch elektronische Systeme und taktile Schilder nachrüsten. Diese liefern zusätzlich optische und akustische Signale für eine barrierefreie Kommunikation von Informationen.

Seit dem 1. Januar 2022 gilt Bushaltestellen und Straßenbahnhaltestellen vollständige Barrierefreiheit. Dies ist in Paragraph 8 Absatz 3 des Personenbeförderungsgesetzes geregelt.

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