Richtfest: Tipps und Infos zur Gleichenfeier
Beim Richtfest, in Österreich auch Gleichenfeier oder Dachgleiche genannt, feiert man im Zuge des Hausbaus die Fertigstellung des Rohbaus und die Errichtung des Dachstuhls. Die Hälfte der Bauphase ist geschafft und wird mit Freunden, Familie, den Gewerken und sonstigen Helfern gebührend zelebriert. Wir informieren über die Hintergründe dieses alten Brauchs und geben Tipps zur Planung der eigenen Gleichenfeier.

Deshalb feiert man das Richtfest
Das Richtfest ist ein alter Brauch, der sich bis in das 14. Jahrhundert zurückführen lässt. Es diente damals unter anderem dazu, allfällige Rechnungen zu begleichen und offene Punkte mit den bis dahin beteiligten Gewerken zu klären. So konnte praktisch ohne Altlasten oder Schulden in das neue Heim gezogen werden. Zudem wurde das Richtfest dafür genutzt, seinen Dank an alle am Bau Beteiligten auszusprechen.
Gerade im Mittelalter hatte der Glaube einen hohen Stellenwert. Um die zukünftigen Bewohner im neuen Heim vor bösen Geistern und Katastrophen zu schützen, wurde beim Haussegen um Gottes Schutz und Gnade gebeten. Der Richtspruch enthält auch in der heutigen Zeit noch die Bitte um Gottes Segen und Schutz sowie eine Danksagung für den guten Abschluss der vorherigen Bauphase. Traditionell wird er vom Zimmermeister gesprochen.
Richtkranz, Richtbaum und Richtkrone
Der Richtkranz, der Richtbaum bzw. die Richtkrone werden mit bunten Bändern geschmückt und von den Zimmerleuten auf dem Dachfirst befestigt. Kranz bzw. Krone bestehen aus grünen Zweigen von Nadelbäumen. Dies wird, manchmal unter Zuhilfenahme von Stroh, gebunden und im Anschluss verziert. Wo letztendlich ein Richtbaum, Richtkranz oder eine Richtkrone zum Einsatz kommen, ist regional unterschiedlich. Üblicherweise kümmert sich der Bauherr darum, manchmal aber auch die Nachbarn.
Ablauf der Gleichenfeier
Die Gleichenfeier bzw. das Richtfest findet oft während der Arbeitszeit der Zimmerleute statt, da diese natürlich ebenfalls daran teilnehmen. Häufig verlegt man das Richtfest aber auch an das Ende des Arbeitstages, da meist noch andere Gäste wie Freunde, Familie, Nachbarn und sonstige Helfer kommen.
Grundsätzlich läuft das Richtfest folgendermaßen ab:
- Befestigung von Richtbaum, Richtkranz oder Richtkrone am Dachfirst
- Einschlagen des letzten Nagels durch den Bauherren
- Richtspruch
- Richtfestschmaus
Beim Einschlagen des letzten Nagels auf dem Dachstuhl erlauben sich die Handwerker meist einen kleinen Spaß. Dem Bauherren werden hier häufig ein unpassender Hammer und ein langer, verbogener Nagel zur Verfügung gestellt. Beides erschwert das Einschlagen natürlich ungemein. Je nach Anzahl der fehlgeschlagenen Versuche muss der Bauherr zusätzlich eine Runde Schnaps oder Bier spendieren.
Planung des Richtfests: Tipps
Damit das Richtfest ein voller Erfolg wird und allen Beteiligten Spaß macht, sollte man sich vorab ein paar Gedanken diesbezüglich machen. Als Grundsatz gilt: Weniger ist mehr. Es handelt sich immer noch um ein Fest auf einer Baustelle.
Folgendes sollte bei der Planung für die Gleichenfeier beachtet werden:
- Zeitpunkt: Das Richtfest findet immer zur Fertigstellung des Dachstuhls statt. Hier ist es wichtig, sich hinsichtlich des Termins mit dem Bauleiter und den zuständigen Handwerkern abzusprechen.
- Einladung: Häufig erfolgt die Einladung für das Richtfest mündlich und formlos. Möchte man weiter entfernt lebende Verwandte und Freunde einladen oder auch den neuen Nachbarn eine Freude machen, können Karten selbst gestaltet werden mit allen Eckpunkten betreffend des Termins inklusive Adresse und Ablauf.
- Richtbaum, Richtkranz oder Richtkrone: Hier sollte im Vorfeld abgeklärt werden, ob sich selbst darum gekümmert werden muss oder ob das Binden und Zieren von Freunden oder Nachbarn übernommen wird.
- Getränke und Speisen für den Richtschmaus: Bei der Gleichenfeier beliebte Getränke sind Wein und Bier. Beides sollte ausreichend vorhanden sein. Zusätzlich sollte Schnaps zum Anstoßen zur Verfügung gestellt werden, sowie alkoholfreie Getränke, zum Beispiel Wasser und Säfte. Mehr ist hier nicht notwendig. Das Essen fällt beim Richtfest meist deftiger aus. Gerne gesehen sind Schnitzel, Grillhähnchen, Würstel oder Gulasch inklusive Beilagen wie Kartoffelsalat, Pommes und Gebäck. Je nach Wetterlage kommt auch Grillen gut an. Manchmal gibt es zudem Blechkuchen und Kaffee als Nachspeise.
- Sitzgelegenheiten: Für alle geladenen Gäste sollten ausreichend Sitzmöglichkeiten wie Biertischgarnituren zur Verfügung stehen. Ein paar Stehtische schaden ebenfalls nicht.
- Absichern der Baustelle: Grundsätzlich muss eine Baustelle ohnehin mit Absturzsicherungen versehen sein. Weitere potenzielle Gefahrenbereiche abzusichern ist dennoch empfehlenswert. Auf einem Richtfest wird nämlich hin und wieder zu tief ins Glas geschaut. Zudem sind oft auch Kinder anwesend, welche die Gefahren auf der Baustelle mitunter nicht sehr gut einschätzen können.
- Musik: Hier reicht meist Hintergrundmusik aus einem Radio oder Lautsprecher. Manchmal organisieren Freunde, Nachbarn oder Familie auch ein paar Musiker, die volkstümliche Lieder spielen. Dies kommt auf die Größe des Festes an und natürlich auf den Geschmack der Bauherren und Gäste.
Je nachdem stellen manche Bauherren auch Slideshows mit Fotos von der Rohbauphase zusammen, die auf einem Fernsehgerät abgespielt wird, oder reichen Fotobücher bzw. gedruckte Aufnahmen herum, damit sich alle Anwesenden einen Eindruck über die Fortschritte machen können. Das Richtfest wird zudem oft genutzt, um jenen Gäste, die noch nie auf der Baustelle waren, den Rohbau zu zeigen.
Weitere Rituale und Strafen
Eines gilt es bei der Gleichenfeier zu beachten: Ja nicht knauserig sein! Das Fest stellt nicht nur die Beendigung der ersten großen Bauphase und somit einen wichtigen Moment dar, sondern dient auch als Dankeschön für die zahlreichen Helfer. Sind die Bauherren beim Richtfest besonders geizig, gibt es, der Tradition entsprechend, Strafen. Je nach Region wird zum Beispiel der schön geschmückte Richtbaum durch einen kahlen ausgetauscht oder Heringe drangehängt. Manchmal wird zudem ein kaum brauchbarer Besen mit wenigen Borsten überreicht.
Nach dem Richtspruch wirft der Zimmermeister häufig sein Glas auf den Boden, denn Scherben bringen Glück. Je nach Gebiet werden auch die Bauherren mit einem Eimer Wasser überschüttet, quasi als Taufe.
Ein Ritual seitens der Gäste ist das Mitbringen von Brot und Salz. Diese gelten als Segen für das neue Haus und dessen Bewohner. Der Brauch soll zudem dafür sorgen, dass beide Dinge immer ausreichend zur Verfügung stehen. Regional gibt es hier ebenfalls Unterschiede, denn in manchen Gegenden ist es üblich, Brot und Salz erst zum Einzug zu verschenken.
Das Richtfest ist ein wunderschöner Anlass, um einmal innezuhalten, die zum Teil sehr anstrengende Rohbauphase Revue passieren zu lassen und sich dessen bewusst zu werden, was man schon alles geschafft hat. Dann kann man sich mit neuer Energie dem Innenausbau widmen.
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